Vortrag von Andrea Hirner
Jeder kennt Seide, jeder liebt Seide. Ihre Griffigkeit, das samtige Gefühl, das sie auf der Haut hinterläßt. Kein Stoff nimmt Farben so gut und dauerhaft an wie die Seide. Zugleich besitzt sie die Fähigkeit, Hitze und Kälte auszugleichen und ist lange haltbar.
Seide gehört zu den frühesten Kulturleistungen der Menschheit und hat schon um Christi Geburt Kontakte zwischen Ost und West vermittelt, Bilder und Ideen um den halben Globus transportiert. Bis heute ist sie ein begehrtes Produkt.
Dabei ist der Urheber dieses außergewöhnlichen Gewebes ein äußerst unscheinbarer Falter, die Seidenspinnermotte, deren Raupen die Fähigkeit besitzen, einen extrem langen und festen Faden zu erzeugen, der auch in der Tierwelt einzigartig ist. Alle Versuche, die natürlich erzeugte Seide durch eine künstlich erzeugte zu ersetzen, sind bis heute gescheitert.
China war lange Zeit der einzige Erzeuger dieses im Westen so heiß begehrten und kostbaren Gewebes, doch konnte das Monopol darauf nicht ewig bewahrt werden. In klimatisch günstigen, das heißt wärmeren Ländern Europas blühte ebenfalls die Seidenerzeugung auf. Die von König Ludwig XIV. so geförderte Luxusindustrie beruhte vor allem auf der Seide. Doch Mitte des 19. Jahrhunderts zerstörte eine verheerende Krankheit, die die Seidenraupen befiel, die mühsam aufgebauten Grundlagen der Erzeugung.
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Quelle:
Meyers Konversationslexikon Ausg. 1890
4 Arten des Seidenspinners; Bombyx mori links oben mit Gelege und Raupen
Für Japan war die Seide, deren Wert als Exportartikel in der Meiji-Zeit erkannt wurde, die Grundlage, um den Staat nach westlichem Vorbild möglichst rasch und umfassend zu modernisieren, und das bedeutete zu industrialisieren. Die Einkünfte durch den Seidenexport trugen dazu bei, den Aufbau einer Schwerindustrie zu ermöglichen. Noch dazu war Japan von der Seidenraupenkrankheit verschont geblieben und konnte den so begehrten Rohstoff nach Europa und in die USA liefern.
Man kann also sagen, dass dieser kleine Seidenspinnerfalter eine Stütze des modernen japanischen Staates war.
In den deutschen Ländern wurde dagegen die Seide von Zeit zu Zeit verteufelt als ein Luxusprodukt, das nur dafür sorgte, dass die eigene Staatskasse belastet wurde. Doch alle Versuche des 18. und des 19. Jahrhunderts, ebenfalls eine Seidenindustrie in Bayern oder Preußen aufzubauen, schlugen fehl.
Seide war und ist ein einzigartiges Naturprodukt und ist es wert, näher betrachtet zu werden.
Zeit: Donnerstag, 21. März 2024 um 19 Uhr
Ort: Bibliothekssaal der Staatlichen Münzsammlung, Residenzstr. 1, München
Eintritt: Kostenlos für Mitglieder, 7 Euro für Nichtmitglieder, 5 Euro Studenten
Veranstalter: DJG in Bayern e.V.