Vieles verbindet Bayern und Japan, überraschende Parallelen und historische Begegnungen beweisen das.
Der Botanische Garten und die „Sieboldiana-Sammlung“ der Ruhr-Universität Bochum
Zahlreiche botanische Gärten in Deutschland widmen inzwischen Teile ihres Areals den „Siebold-Pflanzen“, also denjenigen Pflanzen, die entweder von Siebold nach Europa gebracht und von ihm klassifiziert oder ehrenhalber nach ihm benannt wurden. Dazu zählt auch der Botanische Garten der Ruhr-Universität Bochum.
Diese Universität besitzt eine umfangreiche „Sieboldiana-Sammlung“, Materialien aus Nachlässen von Philipp Franz von Siebold (1796-1866) selbst sowie von seinem Sohn Alexander (1846-1911).
Die Sammlung kam 1966 nach Bochum und wurde durch Zuerwerbungen ständig erweitert. Dazu erschien ein Katalog 1996, um die Bestände zu erschließen.
Ein wichtiger Bestandteil sind 70 sogenannte „Dissertationen“, Abhandlungen über unterschiedlichste Themen aus Natur und Wissenschaft, die Siebold seinen japanischen Schülern aufgegeben hatte. Die Zeit seines ersten Aufenthaltes in Japan 1823-1829 war zu knapp, die Themen zu vielfältig, um sie selbst alle zu bearbeiten, außerdem war vieles ja für Ausländer verboten. Die Sieboldiana-Sammlung bietet durch ihr weites Spektrum einen wichtigen Einblick in die späte Edo-Zeit, in seine Arbeit auf Dejima und die Entstehung seiner von ihm weit voraus geplanten Japanwerke.
Seit 23. April 2024 werden Dokumente aus verschiedenen wissenschaftlichen Sammlungen der Universität Bochum mit Bezug auf Siebold im Foyer des Botanischen Gartens ausgestellt, um das Publikum auf seine Rolle in der Wissenschaftsgeschichte aufmerksam zu machen. Die Ausstellung wird bis 15.12.2024 gezeigt.
Am 16. Juni, 14 Uhr, halte ich im Rahmen eines Sommerfestes einen Vortrag über „Philipp Franz von Siebold und das japanische Pflanzenparadies“ im Foyer des Botanischen Gartens Bochum.
Informationen unter https://www.boga.ruhr-uni-bochum.de/index.html.de
Seide – Geschichte eines Naturwunders
Vortrag von Andrea Hirner
Jeder kennt Seide, jeder liebt Seide. Ihre Griffigkeit, das samtige Gefühl, das sie auf der Haut hinterläßt. Kein Stoff nimmt Farben so gut und dauerhaft an wie die Seide. Zugleich besitzt sie die Fähigkeit, Hitze und Kälte auszugleichen und ist lange haltbar.
Seide gehört zu den frühesten Kulturleistungen der Menschheit und hat schon um Christi Geburt Kontakte zwischen Ost und West vermittelt, Bilder und Ideen um den halben Globus transportiert. Bis heute ist sie ein begehrtes Produkt.
Dabei ist der Urheber dieses außergewöhnlichen Gewebes ein äußerst unscheinbarer Falter, die Seidenspinnermotte, deren Raupen die Fähigkeit besitzen, einen extrem langen und festen Faden zu erzeugen, der auch in der Tierwelt einzigartig ist. Alle Versuche, die natürlich erzeugte Seide durch eine künstlich erzeugte zu ersetzen, sind bis heute gescheitert.
China war lange Zeit der einzige Erzeuger dieses im Westen so heiß begehrten und kostbaren Gewebes, doch konnte das Monopol darauf nicht ewig bewahrt werden. In klimatisch günstigen, das heißt wärmeren Ländern Europas blühte ebenfalls die Seidenerzeugung auf. Die von König Ludwig XIV. so geförderte Luxusindustrie beruhte vor allem auf der Seide. Doch Mitte des 19. Jahrhunderts zerstörte eine verheerende Krankheit, die die Seidenraupen befiel, die mühsam aufgebauten Grundlagen der Erzeugung.
![](https://www.japanisches-bayern.de/wp-content/uploads/2024/02/Tafel_Seidenspinner.jpg)
Quelle:
Meyers Konversationslexikon Ausg. 1890
4 Arten des Seidenspinners; Bombyx mori links oben mit Gelege und Raupen
Für Japan war die Seide, deren Wert als Exportartikel in der Meiji-Zeit erkannt wurde, die Grundlage, um den Staat nach westlichem Vorbild möglichst rasch und umfassend zu modernisieren, und das bedeutete zu industrialisieren. Die Einkünfte durch den Seidenexport trugen dazu bei, den Aufbau einer Schwerindustrie zu ermöglichen. Noch dazu war Japan von der Seidenraupenkrankheit verschont geblieben und konnte den so begehrten Rohstoff nach Europa und in die USA liefern.
Man kann also sagen, dass dieser kleine Seidenspinnerfalter eine Stütze des modernen japanischen Staates war.
In den deutschen Ländern wurde dagegen die Seide von Zeit zu Zeit verteufelt als ein Luxusprodukt, das nur dafür sorgte, dass die eigene Staatskasse belastet wurde. Doch alle Versuche des 18. und des 19. Jahrhunderts, ebenfalls eine Seidenindustrie in Bayern oder Preußen aufzubauen, schlugen fehl.
Seide war und ist ein einzigartiges Naturprodukt und ist es wert, näher betrachtet zu werden.
Zeit: Donnerstag, 21. März 2024 um 19 Uhr
Ort: Bibliothekssaal der Staatlichen Münzsammlung, Residenzstr. 1, München
Eintritt: Kostenlos für Mitglieder, 7 Euro für Nichtmitglieder, 5 Euro Studenten
Veranstalter: DJG in Bayern e.V.
Nachtrag zum Katalog der Siebold-Ausstellung
Vom 11. Oktober 2019 bis 26. April 2020 präsentierte das Museum Fünf Kontinente (das frühere Völkerkundemuseum) in München eine umfangreiche Schau unter dem Titel „Collecting Japan“.
Es gelang dem Museums aber nicht, den geplanten Begleitkatalog rechtzeitig zur Eröffnung zu publizieren, ein Wermutstropfen, denn das Interesse der Besucher war groß, Näheres über Siebold und seine beiden Aufenthalte im frühen 19. Jahrhundert in Japan zu erfahren.
Der Katalog soll zwar auch in deutscher Sprache erscheinen, doch das Herausgabedatum ist unbestimmt. Wer sich für Siebold und seine Japansammlung interessiert, muss also noch etwas warten.
Utagawa Sadahide
Bilder der seltsamen Menschen aus dem Westen in Yokohama 1862.
Die japanischen Ukiyo-e Holzschnitte porträtierten nicht nur die „fließende Welt“ der Theater und der Freudenhäuser. Nach der Öffnung Japans 1854 entdeckten die Künstler ein neues Sujet für sich: die seltsamen Menschen aus dem Westen und ihre kuriose Lebensweise, die sie nach Japan mitbrachten.
Neuer Vortrag zu Wilhelm Heine
Dem Maler und Japanreisenden Wilhelm Heine (1827-1885) sind im letzten Jahr zwei Ausstellungen gewidmet worden. Das Museum 5 Kontinente in München brachte in der Ausstellung „Sehnsucht Japan“ Illustrationen zu dem grossen Japanwerk von Heine aus seinen Beständen vom 16.7.2021 bis 9.1.2022. Im Japanischen Kulturinstitut in Köln zeigte der Heine-Fan und Sammler Karlheinz Meid vom 1. bis 17.12.2021 seine von ihm zusammengetragenen Bücherschätze und Lithographien der ersten Japanreise von Heine, die in den USA 1856 in einer Mappe gesammelt und veröffentlicht worden waren. Am 10. Dezember hielt ich dazu im Japanischen Kulturinstitut einen Vortrag über das abenteuerliche Leben des Dresdner Malers. Die Aufzeichnung des Vortrags kann hier kostenfrei abgerufen werden.
Sehnsucht Japan
Heines Bilder sind in Japan berühmt und wurden mehrfach ausgestellt, zeigen sie doch Leben und Ansichten kurz nach der entscheidenden politischen Wende 1868. Nun kann eine Anzahl von Originalen von seiner zweiten Reise auch in München besichtigt werden, die direkt aus seinem Nachlass stammen.
Die Ausstellung „Sehnsucht Japan – Reiseerinnerungen des Malers Wilhelm Heine“ ist ab sofort bis Januar 2022 im Münchner Museum Fünf Kontinente zu sehen.
https://www.museum-fuenf-kontinente.de/ausstellungen/sehnsucht-japan/
Dresden – Amerika – Japan: eine Weltkarriere im 19. Jahrhundert.
Nachdem Japan 1845 seine Außengrenzen geöffnet hatte, wurde es sofort zum Ziel neugieriger Besucher, die gerne Berichte über ihre Abenteuer verfassten.
Ein Mann ist dabei besonders bemerkenswert, denn er war an den Ereignissen von 1853/54 selbst beteiligt und hat das geöffnete Japan 1860/61 noch einmal besucht. Beide Reisen hat er beschrieben und in Bildern festgehalten: Wilhelm Heine aus Dresden (1827-1885).
Ein Beitrag von Bayern 2 hat sich nun seinem Leben gewidmet
Im Garten der aufgehenden Sonne
In der Wochenendausgabe der Süddeutschen Zeitung (Nr. 144 v. 26./27.6.2021, Landkreisausgabe) wird die Bedeutung von Philipp Franz von Siebold (1796-1866) gewürdigt, nicht nur der erste bedeutende Japankenner des 19. Jahrhunderts, sondern auch begeisterter Botaniker und Importeur japanischer Pflanzen, die heute bei uns heimisch sind.
Die Eulenburg-Mission
Nachdem Commodore Perry 1854 Japan zur Änderung seiner Außenpolitik gezwungen hatte, beeilten sich die europäischen Staaten England, Frankreich, das Zarenreich und die Niederlande, diese Vorteile auch für sich zu nutzen. Deutschland hinkte hinterher, da der Prozeß des „nation buildings“ noch nicht abgeschlossen war. Es war dann das Königreich Preußen, das die Herausforderung annahm und sich damit zugleich als möglicher Führungsstaat im künftigen Deutschland positionierte.
Katsushika Hokusai
Wer wäre für die Kategorie „Persönlichkeiten“ besser geeignet als der geniale Holzschnittkünstler Katsushika Hokusai, dessen Große Welle vor Kanagawa zum Erbe der gesamten Menschheit geworden ist. In seinem riesigen Werk und in seinem langen Leben (das er sich selbst noch länger gewünscht hat) sind immer wieder neue Facetten zu entdecken.